re.act.feminism -
performancekunst der 1960er und 70er jahre heute
Ausstellung, Videoarchiv, Live-Performances und Tagung
Ein Projekt von cross links e.V, Kuratorinnen: Bettina Knaup und Beatrice E. Stammer.
Realisiert in Partnerschaft mit der Akademie der Künste, Berlin.
Akademie der Künste,
Berlin, 13.12.2008 - 08.02.2009
International Festival of Contemporary Arts, City of Women, Ljubljana, 10.03. - 29.03.2009
Kunsthaus Erfurt, 19.04. - 10.05.2009
NEU
re.act.feminism vol. II – a performing
archive
2011 –2013
Centro Cultural Montehermoso, Vitoria-Gasteiz, Spanien
Galerija Miroslav Kraljević, Zagreb, Kroatien
Wyspa Institute for Art, Danzig, Polen
Museum of Contemporary Art, Roskilde, Dänemark
Tallinn Art Hall, Estland
Fundació Antoni Tàpies, Barcelona, Spanien
Akademie der Künste, Berlin, Deutschland
Ein Projekt von cross link e.V.
gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes
Mehr Informationen in Kürze
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Video von der Eröffnung in der Akademie der Künste Berlin 2008
produziert von Stefan Paubel. copyright cross links e.V.
re.act.feminism - performancekunst der 1960er und 70er jahre heute ist
ein internationales Ausstellungs- und Performanceprojekt, das sich der frühen
vom Feminismus beeinflussten Performancekunst und ihrer aktuellen 'Wiederkehr'
in Form von Re-enactments, Wiederaneignungen, Neuformulierungen sowie dokumentarischen
und archivarischen Projekten gewidmet hat.
In einer Ausstellung, einem umfangreichen Videoarchiv, Performances, Vorträgen
und Diskussionen wurden in der Akademie
der Künste, Berlin (Hanseatenweg) mehr
als 70 Künstlerinnen zweier Generationen aus Europa und den USA vorgestellt,
im Anschluss tourte das Videoarchiv nach Ljubljana und Erfurt. Ziel war vor allem,
den Blick über den Kanon des Bekannten und Eingeschriebenen hinaus zu erweitern,
um die Vielfalt und Komplexität performativer Strategien sichtbar zu machen.
Performance-Bewegungen in den Ländern Ost- und Südosteuropas
und der ehemaligen DDR (seit Anfang der 1980er Jahre) wurden dabei exemplarisch
beleuchtet.
(mehr)
Die sich seit den 1960er und 70er Jahren entwickelnde Performancekunst war
von Ideen einer gesellschaftlichen Emanzipation durchdrungen und wurde wesentlich
von Künstlerinnen geprägt, die dem Feminismus nahe standen. Performance suchte
die Verschränkung von Kunst und Leben, von privat und öffentlich. Durch die
Fokussierung auf den empfindungsfähigen, kreativen und wissenden Körper war
Performance das ideale Medium, um soziale und physische Grenzerfahrungen öffentlich
zu machen, um Zuschreibungen von Identität aufzudecken und zu unterlaufen und
sich als handelndes Subjekt neu zu erfinden. Performance war zudem als neue
Kunstform, jenseits der traditionellen Kunstorte, ein Medium für kollektive
und gesellschaftliche Intervention.
Die künstlerischen Avantgarden der 1960er und 1970er Jahre ziehen heute wieder
ein verstärktes Interesse auf sich sowohl von Seiten einer jüngeren Künstlerinnengeneration
als auch der Institutionen und der damaligen Protagonistinnen. Dabei stehen
zum einen die Frage nach einer Historisierung dieser vergänglichen Kunstform
sowie das Bedürfnis nach einer aktiven Aneignung der Geschichte aus der Sicht
einer jüngeren Generation im Vordergrund. Zum anderen manifestiert sich darin
auch die Suche nach Ausdrucksformen, die eine politische Kritik formulieren
und eng mit gesellschaftlicher Veränderung verbunden sind.
Dieser 'Wiederkehr' der Performancekunst wohnt ein Widerspruch
inne: Performance ist eine prozessorientierte und vergängliche Kunstform, in
der der Körper und
die Handlungen der Künstler/innen und zum Teil auch des beteiligten Publikums
zum Medium der Kunst werden. In einer Zeit des internationalen Aufbruchs in
den 1960er Jahren entstanden, richtete sie sich gegen eine formalistische,
auf das Kunstobjekt und auf Vermarktung ausgerichtete Kunst und verließ die
traditionellen Kunstorte, das Museum, die Institutionen. Lange wurde Performance
daher als vor allem in der Gegenwart verankert verstanden:
"Performance's only life is in the present. Performance cannot be
saved, recorded, documented or otherwise participate in the circulation of
representations of representations: once it does so, it becomes something
other than performance. 'Performance's
being ... becomes itself through disappearance." (Peggy Phelan, Unmarked:
The Politics of Performance, New York 1993)
Viele AutorInnen haben seither diese Position relativiert und betont, daß
Performance nicht nur im Moment des Live Akt existiere, sondern sich häufig
einem breiteren Publikum erst durch ihre Spuren, Dokumente und Aufzeichnungen
vermittele. Diese Aufzeichnungen entfalten dabei durchaus ein Eigenleben, ihnen
ist eine gewisse 'Liveness' inhärent: Sie werden zumeist
bewusst für ein zukünftiges
Publikum hergestellt, für eine antizipierte zukünftige 'Begegnung'.
Sie regen die Phantasie an, können als Handlungsaufforderung gelesen werden
und laden zur Nachahmung oder Re-Performance ein. (Paul
Clarke, Rebecca Schneider).
Andere Arbeiten wiederum werden auf wenige ikonografische Bilder reduziert,
oder verschwinden völlig aus dem Bewusstsein.
re.act.feminism hat diese Widersprüche aufgegriffen und das Weiterleben
der Performance, die Beziehung zwischen dem Live Akt und den Spuren und Dokumenten,
die dieser hinterlässt, den lückenhaften Archiven, sowie der heutigen
Rezeption zum Thema gemacht und untersucht wie (Performance-)Geschichte re-konstruiert
und möglicherweise Zukunft 'erfunden' werden kann.
Bettina Knaup, Beatrice E. Stammer